Rehwild-Fütterungskonzeption 2023/24 - 2028/29 "Südlicher Hochschwarzwald"


Daten angezeigt aus Sitzung:  Gemeinderatssitzung Schönau im Schwarzwald, 06.11.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat Schönau im Schwarzwald (Stadt Schönau im Schwarzwald) Gemeinderatssitzung Schönau im Schwarzwald 06.11.2023 ö 6

Sachverhalt

Grundsätzlich ist der Bürgermeister dafür verantwortlich, Sitzungen des Gemeinderates einzuberufen. Dabei legt der Bürgermeister auch die Tagesordnung fest und teilt die Verhandlungsgegenstände den Gemeinderäten mit (§ 34 Abs. 1 Satz 1 Gemeindeordnung -GemO-). Als „Herr der Tagesordnung“ kann der Bürgermeister auch einen Verhandlungsgegenstand auf die Tagesordnung setzen, der bereits in einer vergangenen Sitzung beraten und ggf. beschlossen wurde. 

Seit dem 01.04.2016 ist das neue Jagd- und Wildtiermanagementgesetz (JWMG) in Kraft, welches die Fütterung von Schalenwild verbietet. Gleichzeitig wurde geregelt, dass in Ausnahmefällen, unter Einhaltung von verschieben Vorgaben dennoch eine Fütterung zulässig ist. Eine der Vorgaben ist die Erstellung einer Fütterungskonzeption, die erstmals für den Zeitraum 2017 - 2023 dem Ministerium Ländlicher Raum Oberste Jagdbehörde vorlegt wurde. 

Für die Jahre 2017 - 2023 war keine Zustimmung der Verpächter notwendig. Für die neue Fütterungskonzeption 2023 - 2029 fordert das Ministerium Ländlicher Raum Oberste Jagdbehörde die Zustimmung der jeweiligen Verpächter ein.

In der vergangenen Sitzung des Gemeinderates vom 09.10.2023 war leider kein Vertreter der Jäger, welche die Fütterungskonzeption in ihren von der Stadt gepachteten Jagdrevieren anwenden wollen, anwesend. Ebenso fehlte aufgrund Urlaub der eingeladene Revierförster Wolfram Scherb. Eine angeforderte Stellungnahme hatte er nicht abgegeben. Es wurde lediglich von Stadtrat Jürgen Strohmeier von Gesprächen mit dem Revierförster zu diesem Thema berichtet.

Der Gemeinderat beschied nach kontroversen Diskussionen den Antrag in der Sitzung mehrheitlich bei zwei Enthaltungen negativ.

Im Nachgang der Sitzung gab es von dem Ersteller der Fütterungskonzeption, Herrn Frank Thoma, über die Presse (siehe z.B. Zeitungsbericht Markgräfler Tagblatt vom 10.10.2023), als auch über die Jagdpächter selbst, am Zustandekommen der Entscheidung Hinweise, dass nicht alle Fakten berücksichtigt wurden. 

Bürgermeister Peter Schelshorn hat deshalb entschieden, dass der Gemeinderat nach Anhörung aller Beteiligten (Verfasser Fütterungskonzeption, antragstellende Jagdpächter der Stadt und Revierförster) in der Sitzung am 06.11.2023 erneut über die Fütterungskonzeption 2023 - 2029 beraten und anschließend entscheiden wird.

Das Fütterungskonzept wird durch Herrn Thoma vorgestellt. Er steht dem Gremium zum Werk für Fragen zur Verfügung.

Haushaltsrechtliche Auswirkungen

Keine

Rechtslage

§ 33 Abs. 2 JWMG

Vortrag/Diskussionsverlauf

Der Vorsitzende begrüßt zu diesem Tagesordnungspunkt Herrn Frank Thoma aus Todtnau, welcher die Fütterungskonzeption ausgearbeitet hatte. Eine Zusammenfassung wurde im Vorfeld zu dieser Sitzung an die Mitglieder des Gemeinderates verteilt, welche als hilfreich gelobt wird. Die betroffenen Vertreter des Forstbezirks und die Jagdpächter wurden ebenfalls eingeladen. In den Zuhörerreihen ist der Forstbezirksleiter Dr. Christian Suchomel, Revierförster Wolfram Scherb sowie die Jagdpächter Andreas Bläsi und Klaus Fiedel anwesend. Diese waren in der letzten Gemeinderatssitzung, in welcher über dieses Thema stark diskutiert wurde, leider nicht anwesend. Vermutlich wäre es dort sinnvoller gewesen, den Tagesordnungspunkt abzusetzen und eine Entscheidung erst nach Anhörung der Experten zu treffen. Im Nachgang zur letzten Sitzung hatte es deshalb einige Irritationen gegeben. Aus diesem Grund wird nun erneut über die Rehwild-Fütterungskonzeption beraten. 

Frank Thoma dankt für die Einladung und weist darauf hin, dass von der Konzeption 3.0 insgesamt 27 Futterstellen umfasst werden. Im Schönauer Gemeinderat wird allerdings ausschließlich über eine Futterstelle im Bereich Blößling diskutiert. Alle anderen Futterstellen befinden sich auf anderen Gemarkungen. Dort liegen die kommunalen Zustimmungen bereits vor. Eine solche Zustimmung war früher nicht erforderlich. Aufgrund einer in den Jahren 2021/2022 erlassenen Durchführungsverordnung wurde diese dann allerdings zur Pflicht.

Forstbezirksleiter Dr. Suchomel berichtet, dass die Konzeption rechtlich korrekt erstellt wurde. Trotz allem kommt der Forst zu dem Ergebnis, dass grundsätzliche Bedenken gegen eine Fütterung bestehen. Durch die Fütterung dürfte sich der Rehwildbestand erhöhen, was zu einem stärkeren Verbiss führt. Es ist durchaus möglich, dass das Wild im Winter durch die Fütterung vom Jungaufwuchs abgelenkt wird. Im Sommer wird dann aber ein erhöhter Rehbestand für Probleme sorgen. Ein Wildtierökologe hatte diese Einschätzung auf Nachfrage bestätigt. Eine Verbesserung des Lebensraums nach den Regelungen des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes kann auf anderem Wege erreicht werden, so Dr. Suchomel. Hasen und Igel werden ebenfalls nicht gefüttert. Aus diesem Grund stellt er die Frage, warum dann Rehe gefüttert werden sollten. Er vertritt die Ansicht, dass es unnatürlich ist, Futter in die Natur einzubringen. Die Meinungen hierzu stellen sich allgemein als sehr divers dar. 

Bürgermeister Schelshorn teilt mit, dass der Waldbesitzer natürlich interessiert ist, dass möglichst wenig Verbiss stattfindet. Eine Fütterung in Notsituationen bei langen Winterperioden wird allerdings auch für sinnvoll erachtet. Man will das Beste für Wald und Wild erzielen. 

Stadtrat Seckinger erwähnt, dass nicht allen bewusst war, um was es genau geht. Es soll eine Lösung gefunden werden, mit welcher beide leben können. Bäume zu fällen und dann neue zu pflanzen, gehört seiner Meinung nach ebenfalls nicht zur Natur. 

Frank Thoma weist darauf hin, dass die Jäger um die Futterstelle herum in vielen Arbeitsstunden Verbissschutz an den Bäumen anbringen. Das Wild wird nur an die Futterstelle gehen, wenn es notwendig ist. In gemäßigten Winterzeiten werden die Futterstellen dagegen kaum angelaufen. Diese sind ausschließlich für Notzeiten gedacht. Tiere, welche nicht aufgescheut werden, benötigen wenig Energie. Ansteigender Fahrzeugverkehr und Sportler tragen im Winter negativ dazu bei, dass Wildtiere ihre Energiereserven schonen können. Aber auch die Jäger, welche ihren Abschuss einzuhalten haben. 

Stadträtin Münzer äußert ihr Unverständnis, warum der Verpächter hier gefragt werden muss. Es macht aus ihrer Sicht wenig Sinn, sich gegen eine Fütterung auszusprechen, wenn rund um die geplante Futterstelle gefüttert wird. Eine verstärkte Wildvermehrung sieht sie hierdurch nicht. Frank Thoma ergänzt, dass eine mögliche Vermehrung durch den Luchs abgeschöpft wird. Rehe werden eher weniger. 

Stadtrat Sahin sieht den vergangenen Gemeinderatsbeschluss aufgrund der fehlenden Informationen für unglücklich an. Er weist darauf hin, dass er selbst Jäger ist. Sollte der Gemeinderat gegen diese Fütterungskonzeption stimmen, würden die Rehe die Straßen überqueren, um an die gegenüberliegende Futterstelle zu gelangen. Dies berge zusätzliches Gefahrenpotential. Aus diesem Grund spricht er sich für eine Zustimmung zu dieser Konzeption aus. 

Frank Thoma informiert, dass die besagte Futterstelle vor 50 Jahren von Siegfried Bläsi zusammen mit Waldarbeitern errichtet wurde. Es wurde früher schon immer gefüttert, allerdings war damals keine Zustimmung des Verpächters notwendig. 

Stadträtin Strohmaier erwähnt, dass, seit sie im Gemeinderat ist, Förster aufgrund des Verbisses immer gegen die Jäger sind. Durch Abschuss und Pflanzenschutz machen die Jäger allerdings viel gegen einen Verbiss und der Wildbestand geht erwiesenermaßen zurück. Deshalb befürwortet sie die Konzeption und dankt für das Engagement der Jäger. 

Der Vorsitzende entgegnet, dass der Forst nicht gegen die Jäger ist. Diese tauschen sich regelmäßig aus. Man ist dabei nicht immer gleicher Meinung aber doch sehr oft deckungsgleich. Auch Forstbezirksleiter Dr. Suchomel bescheinigt, dass man sich aktuell in sehr guten Gesprächen befindet. In einzelnen Punkten ist man gegensätzlicher Meinung. 

Stadtrat Gierth fehlt das Gefühl, was Wildtiere explizit benötigen. Er fragt nach dem Ausmaß des Verbisses im Sommer, sofern das Wild im Winter gefüttert wird. 

Forstbezirksleiter Dr. Suchomel geht es grundsätzlich um seine Ansicht, dass Rehe keine Fütterung benötigen. Sofern kein Futter vorhanden ist, werde diese weiterwandern. Wie viele Rehe vorhanden sind, ist unbekannt. Klimastabile Baumarten, wie die Tanne, werden vom Rehwild zunächst als Futterquelle bevorzugt. Die Fichten, auf welche man am ehesten verzichten könnte, werden als letztes angegangen. Teilweise funktioniert es ohne besonderen Schutz, teilweise ist dieser sehr hoch. Über das Ausmaß des Verbisses ist somit nur recht schwer eine Aussage zu treffen. 

Stadtrat Anschütz sieht beide Parteien im Recht. Je nach dem, aus welcher Richtung man diese Thematik betrachtet, wird man ein Problem haben. Sein Sachverstand reicht nicht aus, um sich hier in eine Richtung zu positionieren. Tendenziell befürwortet er eine Fütterung, da es sich nur um eine Futterstelle handelt. Eine Ablehnung macht wenig Sinn, wenn alle anderen Futterstellen gefüllt sind. 

Bürgermeister Schelshorn führt aus, dass ein materieller Schaden ersetzbar ist. Tierleid dagegen ist eine andere Sache. 

Frank Thoma stellt fest, dass das Holz, welches heute geerntet wird, zu einer Zeit aufgewachsen ist, zu welcher es viel mehr Wild gab und darüber hinaus viel mehr Ruhe im Wald herrschte. Vor 50 Jahren wurden auch kein Verbissschutz im Wald vorgenommen.

Stadtrat Knobel schließt sich der Meinung von Stadtrat Anschütz an. Müsste er über 27 Futterstellen abstimmen, würde seine Entscheidung sicherlich kritischer ausfallen. Er hält es für absurd, eine einzelne Futterstelle abzulehnen. 

Beschluss

Der Rehwild-Fütterungskonzeption 2023/24 - 2028/29 "Südlicher Hochschwarzwald" wird wie vorgelegt zugestimmt. 

Abstimmungsergebnis
Einstimmig angenommen

Abstimmungsbemerkung
Einstimmiger Beschluss.

Datenstand vom 05.12.2023 15:37 Uhr