Der Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung umfasst ab dem dritten Lebensjahr nur das Angebot der Kindertageseinrichtungen (KiTa) und nicht mehr das Angebot der Tagespflege (§ 24 Abs. 3 SGB VIII).
Ein Anspruch auf Tagespflege besteht bei Kindern über drei Jahren nur noch bei besonderem Bedarf oder ergänzend zur Kindertageseinrichtung. Ein besonderer Bedarf kann beispielsweise bei einer Erkrankung des Kindes vorliegen, nicht jedoch aufgrund eines fehlenden Platzes in einer Kindertageseinrichtung.
Der Rechtsanspruch auf Förderung in einer Kindertageseinrichtung richtet sich gegen den Landkreis als Gewährleistungsträger, dass für jedes Kind, das den Rechtsanspruch hat, ein Platz zur Verfügung steht (§ 79 Abs. 1 SGB VIII)
Im Innenverhältnis sind die Städte und Gemeinden gem. § 3 KiTaG BW gegenüber dem Landkreis verpflichtet, ein rechtskonformes Angebot zu schaffen. Nicht jede Stadt / Gemeinde im Landkreis kann jedoch aktuell den Rechtsanspruch an Ü 3- Plätzen in Kindertageseinrichtungen decken.
Im Jahr 2019 wurde dem Landratsamt Lörrach in 41 Fällen und 2020 in 43 Fällen die vorübergehende Nichterfüllung des Rechtsanspruches auf einen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung bei über dreijährigen Kindern mitgeteilt. Die Meldung erfolgt nach einem mit den Städten / Gemeinden festgelegten strukturierten Verfahren.
Nach Eingang der Bedarfsmeldung unternimmt der Landkreis große Anstrengungen, in den Einzelfällen durch Suche von Plätzen in ortsfremden Einrichtungen oder alternativer Betreuung die Betreuung sicher zu stellen, was zunehmend schwieriger wird.
Manche betroffenen Eltern sind bereit, vorübergehend die Betreuung in einer Tagespflege in Anspruch zu nehmen, bis ein Platz in einer Kindertageseinrichtung zur Verfügung steht. Für diese Förderung besteht jedoch keine Rechtsgrundlage für den Landkreis.
Neben diesem rechtlichen Aspekt gibt es eine weitere Problematik:
Die Eltern haben für die Kindertagespflege einen Kostenbeitrag zu leisten. Da ab dem 3. Lebensjahr die Landesförderung entfällt, ist dieser erheblich höher als bei Tagespflege für unter Dreijährige und ebenfalls höher als die Gebühr für einen vergleichbaren Platz in einer Kindertageseinrichtung:
Bei einer Betreuung eines Kindes Ü 3 von 30 Stunden/Woche in der Kindertagespflege beträgt der Kostenbeitrag für die Eltern ca. 650 €. Ein vergleichbarer Kita-Platz kostet zwischen 140 – 455 €.
Die Eltern sind nicht bereit oder in der Lage, die genannten Kostenbeiträge für Kindertagespflege Ü 3 zu bezahlen.
Eine Reduzierung des Kostenbeitrages ist dem Landkreis aufgrund der geltenden Satzung nicht möglich und kann aufgrund der fehlenden Rechtsgrundlage auch nicht beschlossen werden.
Der Landkreis, der zum einen die Not der Familien sieht, wenn kein Betreuungsplatz Ü 3 zur Verfügung gestellt werden kann und der als Gewährleistungsträger das finanzielle Risiko bei möglichen Klagen tragen müsste, hat auf freiwilliger Basis in den vergangenen Jahren nennenswerte Beträge für die Gewährung von ersatzweiser Kindertagespflege Ü 3 geleistet, z. B. im Kindergartenjahr 2018 / 2019 für 21 Kinder in Höhe von 42.583 €.
Nach Sachlage ist der Landkreis bereit, weiterhin nach Abstimmung mit den jeweiligen Kommunen in Einzelfällen die Verwaltungsleistung der Förderung der Tagespflege auf freiwilliger Basis zu übernehmen und die Leistung analog § 23 SGB VIII zu erbringen.
Dies umfasst, die Kosten der Betreuung (§ 23 Abs. 2 Ziff. 1 und 2) und der Sozialversicherungsbeiträge (§ 23 Abs. 2 Ziff 3).
Die Städte und Gemeinden verpflichten sich im Gegenzug, im Rahmen der abzuschließenden Vereinbarung dem Landkreis die Kosten der Betreuung zu erstatten.
Eine Ermittlung und Verrechnung der Kosten der Sozialversicherungsbeiträge würde aufgrund der geringen Höhe und dem erheblichen Verwaltungsaufwand in keinem Verhältnis zum Ertrag stehen, so dass diese weiterhin vom Landkreis getragen werden.
Der Sachverhalt wurde mit den Oberbürgermeistern und Bürgermeistern sowie mit den in den Städten und Gemeinden für die Kindertagesbetreuung zuständigen Personen erörtert.
Ein Vereinbarungsentwurf zwischen Landkreis und den Städten und Gemeinden sowie ein Vorschlag für die Vereinbarung der Städte und Gemeinden mit den Eltern befindet sich in der Anlage.
Die Vereinbarungen sollen ab 01.09.2021 in Kraft treten.
Die Kostenbeteiligung der Eltern regeln die Städte und Gemeinden in diesen Einzelfällen in eigener Verantwortung.