Nahwärmenetz Gymnasium (Hackschnitzelheizung); Ergebnispräsentation der endura kommunal GmbH, Freiburg im Breisgau zur Begleitung der Stadt Schönau im Schwarzwald als unabhängiger Dritter in: a) Fragen der Netzbewertung b) Fragen der Technik c) juristischen Fragen


Daten angezeigt aus Sitzung:  Gemeinderatssitzung Schönau im Schwarzwald, 09.07.2018

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat Schönau im Schwarzwald (Stadt Schönau im Schwarzwald) Gemeinderatssitzung Schönau im Schwarzwald 09.07.2018 ö 6

Sachverhalt

In seiner Sitzung vom 26.02.2018 hat der Gemeinderat der Stadt Schönau im Schwarzwald im Hinblick einer eventuellen Abgabe des Nahwärmenetzes Gymnasium an die Elektrizitätswerke Schönau Energie GmbH (EWS) folgende Aufträge vergeben:

  • Auftrag zur Bewertung des Wärmenetzes und der Wärmeerzeugung für die Stadt Schönau im Schwarzwald (endura Kommunal GmbH, Freiburg)
    • Dabei geht es um die Ermittlung eines angemessen Verkaufspreises, da die Gemeinde Vermögensgegenstände nach § 92 GemHVO nur zu ihrem vollen Wert veräußern darf.
    • Neben der Ermittlung eines Verkaufspreises für das Wärmenetz soll auch eine Einschätzung darüber gegeben werden, zu welchen Kosten die Gemeinde heute Wärme erzeugt. Damit soll eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung zum Angebot der EWS ermöglicht werden.
    • Dieser Auftrag beinhaltet auch die Koordination der beiden weiteren Aufträge.

  • Auftrag zu technischen und betriebstechnische Fragen
(dme-consult GmbH, Rosenheim)
    • Dabei geht es um die Bewertung der Bestandsanlage in technischen und betriebstechnischen Fragen.

  • Auftrag zur rechtlichen Beratung (STERR-KÖLLN & Partner mbH, Freiburg)
    • Dabei geht es um eine Beratung in allen rechtlichen Fragestellungen wie z.B.
      • Pflicht zur Ausschreibung ?
      • Rechtliche Regelung von Entgelten und Eigentumsgrenzen
      • Ausgestaltung von Gestattungsverträgen
Gemäß § 107 GemO soll vor der Beschlussfassung durch den
Gemeinderat das Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen
eingeholt werden. Der Beschluss bzw. der Gestattungsvertrag ist nach
§ 108 GemO der Rechtsaufsichtsbehörde vorzulegen.


Die Arbeit der Sachverständigen ist abgeschlossen und somit kann dem Gemeinderat Bericht erstattet werden:

  • Bewertung des Wärmenetzes und der Wärmeerzeugung für die Stadt Schönau im Schwarzwald (endura Kommunal GmbH, Freiburg)
    • Hier wird Herr Daniel Krauß dem Gemeinderat die wesentlichen Ergebnisse mittels einer Power-Point-Präsentation vorstellen.
    • Hinweis: In der Sitzung vom 18.12.2017 wurden die Wärmekosten, auf Basis der von der Verwaltung erhobenen Investitionskosten, mit 7,53 Cent/kWh dargestellt. Vom Büro endura Kommunal wurde der Wärmepreis mittels einer Vollkostenrechnung berechnet. Das Ergebnis wird Herr Krauß dem Gemeinderat in der Sitzung erläutern.

  • Technische und betriebstechnischen Fragen
(dme-consult GmbH, Rosenheim)
    • Der Abschlussbericht des Büros dme-consult GmbH liegt vor und wird dem Gemeinderat vollumfänglich als Anlage zur Verfügung gestellt. Hier werden die wesentlichen Punkte zusammengefasst:
      • Heizzentrale:
        • Der Gasbrenner wurde innerhalb der Revision in Teilen erneuert.
        • Befüllung: Frischwasser statt aufbereitetes Wasser, bedenklich da anlagenkritisch
        • Hydraulische Einbindung: hydraulische Anlagenverknüpfung erscheint überarbeitungswürdig
        • Zustand allgemein: dem Alter und Wartungszustand angemessen
      • Wärmenetz:
        • vorwiegend: Kunststoffmantelrohr-Verbundsystem = zur Ortung von Leckagen geeignet, gute Dämmung
        • teilweise: einfaches Kunststoffrohrsystem = keine Leckageortung; Schwachstelle des Netzes, sollte ausgetauscht werden
      • Rathaus:
        • Heizkreis intern: gute Spreizung (Wärmeversorgung bzw. Differenz Vorlauf/Rücklauf) à erhebliches Optimierungspotential
        • Unterverteilung DRK: schlechte Spreizung
        • Leitung zum Gymnasium: schlechte Spreizung
        • Anbindung Talstr. 20: schlechte Spreizung
      • Schadstoffausstoß:
        • Der vorhandene Kessel ist aus dem Jahr 2006. Nach der BimSchV muss die Außerbetriebnahme oder die Nachrüstung spätestens zum 31.12.2024 erfolgen. Die vom Gutachter angeregte Konsultation des zuständigen Schornsteinfegers konnte aus zeitlichen Gründen noch nicht erfolgen.
      • Ausbaupotential der vorhandenen Anlage
        • Mit der vorhandenen Anlage kann ein Wärmeabsatz von ca. 450.000 kWh pro Jahr erzeugt werden (autonome Lösung). Bei einer Optimierung der vorhandenen Anlage, könnte der Wärmeabsatz etwa verdreifacht werden. Hier wären allerdings Investitionskosten in nicht bezifferter Höhe erforderlich.
Aussagen über den Wärmeabsatz bei einer Verbundlösung können an dieser Stelle nicht getroffen werden, da die entsprechenden Parameter nicht bekannt sind.

      • Zusammenfassung:
        • Die Kesselanlagen wurden in der Vergangenheit regelmäßig gewartet und entsprechenden Revisionen unterzogen. Sie befinden sich in einem guten Zustand. Die Funktionsfähigkeit und folglich Betriebslaufzeit ist erfahrungsgemäß über den AfA Horizont anzusetzen.
        • Der Hackschnitzelbunker (mobile Anlagenteile) sowie die Zuführung zum Kessel befinden sich in einem ordentlichen und funktionalen Zustand.
        • Die hydraulische Verrohrung innerhalb der Energiezentrale ist in Teilen logisch nicht reproduzierbar und überarbeitungswürdig.

  • Rechtliche Beratung (STERR-KÖLLN & Partner mbH, Freiburg)
    • Die Fragestellungen aus dem Auftrag wurden wie folgt beantwortet:
      • Pflicht zur Ausschreibung?
Eine etwaige Veräußerung des bestehenden Nahwärmenetzes ist ohne Durchführung eines wettbewerblichen Verfahrens möglich und ist auch nicht ausschreibungspflichtig.
      • Rechtliche Regelung von Entgelten und Eigentumsrechten
Ein Kaufvertrag kann erst nach einem entsprechenden Beschluss durch den Gemeinderat erstellt werden. Ein anteiliger Verkauf des Gebäudes (Heizraum) und des Grundstücks (Bunker) ist nicht sinnvoll (kein Verkauf von Grundvermögen bzw. keine Belastung des Grundbuchs). Lediglich die für den Betrieb des Nahwärmenetzes erforderlichen Betriebsvorrichtungen wie
        • Hackschnitzelkessel; Firma Schmid mit 240 kW Leistung
        • Gas-Kessel; Firma Buderus mit 230 – 280 kW Leistung
        • Pufferspeicher; 2 x 2.000 Liter
        • Netzpumpen
        • Wärmeleitungen
        • mobile Anlagenteile des Hackschnitzelbunkers
könnten Gegenstand eines Kaufvertrages sein. Der Heizraum und der Hackschnitzel-Bunker würden im Eigentum der Stadt verbleiben und an die EWS Schönau vermietet werden. Der Mietertrag muss die Aufwendungen für die Abschreibungen ausgleichen.
      • Ausgestaltung von Gestattungsverträgen
Es besteht keine rechtliche Verpflichtung den „Gestattungsvertrag zur Verlegung von privaten Wärmeleitungen in Stadtgrundstücken“ erst nach Durchführung eines gesonderten Wettbewerbsverfahrens abzuschließen. Von der Kanzlei STERR-KÖLLN wird ein solcher  Gestattungsvertrag für das Nahwärmenetz Schönau erarbeitet. Dieser wird dem Gemeinderat in einer späteren Sitzung zur Entscheidung vorgelegt.
      • Befangenheit
Im Rahmen der rechtlichen Beratung wurden auch evtl. Befangenheitsgründe der Mitglieder des Gemeinderats geprüft. Bei Stadtrat Sebastian Sladek wird von einer Befangenheit nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 Gemeindeordnung für Baden-Württemberg (GemO BW) ausgegangen, so dass Herr Sladek weder beratend noch entscheidend in Sachen Nahwärmenetz mitwirken kann.

Beschlussvorschlag

Der Gemeinderat nimmt die Ergebnisse der wirtschaftlichen, technischen und rechtlichen Gutachten zur Kenntnis.

Vortrag/Diskussionsverlauf

Der Vorsitzende verweist zunächst auf den ausführlichen Sachverhalt der Sitzungsvorlage, ehe er Projektleiter Daniel Krauß von der Firma endura Kommunal GmbH herzlich willkommen heißt.

Im Folgenden wird dem Gemeinderat von Herrn Krauß mittels einer Power-Point-Präsentation das Ergebnis der Bewertung des Wärmenetzes und der Wärmeerzeugung detailliert vorgestellt und erläutert. Demnach seien bei der Wertbeurteilung das Verfahren „Rückgerechneter Buchwert“ und das „Ertragswertverfahren“ zugrunde gelegt worden.
Beim rückgerechneten Buchwert werde auf der Basis des Anlagevermögens rechnerisch der aktuelle Wert der Anlage ermittelt, während beim Ertragsverfahren auf der Basis der „Geldströme“ ermittelt werde, was die Anlage einbringe.
Nach dem Buchwertverfahren liege der Wert der Anlage aktuell bei 110.000 Euro und beim Ertragswertverfahren, welches die Stadt in der Regel anwende, bei zirka 105.000 Euro. Außerdem habe die Vollkostenrechnung ergeben, dass bei der Anlage die Kosten für die Erzeugung der Wärme bei 12,02 Cent/kWh liegen.
 
Als zusammenfassendes Ergebnis wird von Herrn Kraus festgehalten, dass ein Betrieb der Anlage durch Dritte denkbar sei, wenn

  1. beim Verkauf der Wärmeversorgung mindestens 100.000 Euro erzielt werden und
  2. die Wärmeerzeugungskosten bei der alternativen Lösung (Vollkosten) günstiger als 12 Cent/kWh (brutto) sind.

Stadträtin Münzer führt aus, dass der Neuwert der Anlage bei 440.000 Euro liege und mit dem Gutachten ein Zeitwert von nur noch 110.000 Euro ermittelt wurde. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf § 92 Abs. 1 GemO, wonach die Gemeinde Vermögensgegenstände, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht braucht, in der Regel nur zu ihrem vollen Wert veräußern darf.
Der Vorsitzende erwidert, dass in der heutigen Sitzung nicht über den Verkauf der Anlage entschieden werde und es beim Prüfauftrag an die Firma endura Kommunal GmbH um die Feststellung des Werts des Nahwärmenetzes gegangen sei.
Kassenverwalter Stähle ergänzt, dass die Anlage heute 440.000 Euro kosten würde. Die Herstellungskosten der Anlage hätten seinerzeit rund 345.000 Euro betragen.
Auf Frage von Stadträtin Münzer erläutert Bauamtsleiter Steinebrunner, dass es sich bei den im Abschlussbericht zur technischen Bestandbewertung aufgezeigten Modernisierungsvorschlägen  um wertvolle Hinweise handele, mit denen die Heizzentrale perspektivisch modernisiert und den zukünftig geltenden Bestimmungen der Bundesimmissionsschutz-Verordnung angepasst werden kann. Insgesamt gesehen befinde sich die Heizzentrale in einem guten Zustand.
Stadtrat Anschütz sieht dies ebenso. Für ihn werde durch das Gutachten ein guter Zustand der Anlage bestätigt, aufgrund des technischen Fortschritts sei diese jedoch in dem einen oder anderen Punkt verbesserungsbedürftig.
Auf Frage von Stadtrat Schröder wird vom Vorsitzenden bestätigt, dass eine etwaige Veräußerung des bestehenden Nahwärmenetzes ohne Durchführung eines wettbewerblichen Verfahrens möglich und auch nicht ausschreibungspflichtig ist.

Beschluss

Der Gemeinderat nimmt die Ergebnisse der wirtschaftlichen, technischen und rechtlichen Gutachten zur Kenntnis.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 10, Dagegen: 0 , Enthaltungen: 0

Abstimmungsbemerkung
Einstimmiger Beschluss.

Dokumente
2018_06_25 Abschlussbericht DME (.pdf)

Datenstand vom 08.08.2018 14:08 Uhr